Liebe im Alter: Ist das Leben dazu da sich schamfrei zu machen?
eute habe ich Jutta und Rainer getroffen, ein Paar, das seit 20 Jahren zusammen ist. Zwei Menschen, die beide schon ihre sehr unterschiedlichen Liebeserfahrungen gemacht haben. Mich hat die Begegnung total berührt: So offen und frei von Scham haben beide gesprochen. Das bringt mich zum Nachdenken: Müssen wir erst über 70 Jahre alt werden um endlich zu uns selbst zu finden und uns mit all unseren Schattenseiten anzunehmen und schließlich dazu (auch vor unserem/unserer Partner/in) zu stehen? Oder gehört es dazu, dass wir durch all die schmerzvollen Erfahrungen gehen müssen, bevor wir endlich unsere persönlichen Themen angehen (die wir oft ja schon seit unserer Kindheit mit uns tragen)? Es ist nicht das erste Gespräch während meiner Recherche mit über 70-Jährigen, die mir deutlich zu verspüren geben “jetzt fange ich endlich an zu leben, meine Liebe zu leben und so zu sein, wie ich wirklich bin”. Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern ehrlich mit sich und seinem Umfeld zu sein. Das macht Mut, da weicht die Angst vorm Alter wenn ich das sehe. Ist das Leben dazu da, um sich schamfrei zu machen? Wie entsteht eigentlich wirkliche Intimität?
Die Liebe nimmt verschiedene Formen an, mal wird sie mehr von Sexualität geprägt (leidenschaftliche Liebe), mal steht das funktionierende Team im Vordergrund (stabile, tragfähige Liebe) – das ist total abhängig von der jeweiligen Lebensphase in der man gerade steckt, glaub ich. Steht gerade Familiengründung an oder die Neuentdeckung der Sexualität auf anderen Wegen? Heißt aber ja auch nicht, dass nicht beides gleichzeitig geht. Egal wie, es muss Platz für Schwächen und Stärken geben. Und dann sind es Phasen… Es ist schön zu sehen, dass Jutta und Rainer auch unangenehme Dinge besprechen anstatt sie zu ignorieren. Es ist Raum da für nicht-wissen, nicht-wissen wie damit umgehen, nicht-wissen was nun, egal ob in der Sexualität oder im Konfliktlösen, es ist ok, alles auszusprechen und gemeinsam zu sehen, wie damit dann umgegangen wird. Das habe ich deutlich gespürt. Jutta treibt große Neugier an: sie will das Leben, im Fluss des Lebens will sie Rainer begegnen… bei Rainer ist es der Mut: sich immerzu Mut machen, auch wenn es unbequem wird. Ich finde es unglaublich, wie rein sie dabei mit sich selbst sind ohne perfekt sein, denn zu dieser Art Reinheit gehört es Fehler zu machen.
Auch mit Maria erlebe ich eine ähnliche sehr authentische Begegnung: Ganz klar weiß sie, was sie will und vor allem, was sie nicht mehr erleben möchte. Auch sie ist über 70 und hat das Leben gebraucht, um da anzukommen, wo sie jetzt steht: total bei sich selbst. Ich höre ihr sehr gerne zu, es scheint ihr an nichts zu fehlen. Sie wählt ihr Leben aus. Ich finde das gut.
You might Also Like
Ein Leben mit Beziehung ist gesellschaftsfähiger als ein Leben ohne Beziehung
Karl ist ein 55 jähriger Mann, der das letzte Mal in einer Liebesbeziehung lebte als er Anfang 30 war, höre seine Geschichte…
Mehr Erfahreneine intensive Romanze: der Chat zwischen Eva und Max
m Folgenden lest ihr einen Chat einer intensiven vierwöchigen Romanze zwischen Eva und Max. Hier veröffentlicht findet ihr den Teil von Max. Email Chat Eva und Max 2019 Guten Abend, Max! xxx Hallo Eva, Um auf deine Frage einzugehen: ich habe weder vorher noch nachher einen solchen Brief an eine Frau geschrieben, die ich […]
Mehr Erfahrender KUSS
om 28.10. bis 3.11. habe ich mit Lotta und Aron auf der Bewegungsebene geforscht. Wir haben während einer Residenz im Cross Attic in Prag gearbeitet. Basierend auf ihrer Liebesbeziehung bildeten persönliche Fragen unsere Basis für Austausch. Zum Beispiel habe ich gefragt, wovor sie Angst haben im Alter oder ob es Muster gibt, die sie von […]
Mehr Erfahren